Peru
Die Maschine der Venezuela Airlines startet in Frankfurt mit
Verspätung und so erreichen wir in Carracas unseren Anschlußflug nach Lima nicht mehr.
Nach langem Pallaver in Spanisch, das ich leider nicht verstehe, steigen wir in einen Bus
und fahren durch das nächtliche Carracas in ein Hotel am Meer. Am Morgen haben wir einen
schönen Blick auf das Meer und die Stadt Carracas und starten in einer ausgebuchten
Maschine nach Lima. Zunächst geht es entlang der Küste, doch dann fliegen wir über
endlosen Urwald in dem der Amazonas mit vielen Haupt- und Nebenströmen dem Meer zustrebt.
Zuweilen hat man das Gefühl, man fliegt nur über Wasser, aus dem Bäume herausragen,
doch dann kann man wieder den schmutzig braunen Hauptstrom und klare Zuflüsse erkennen,
an denen auch Siedlungen zu sehen sind. Nach 3 Stunden Flug taucht die Maschine in Wolken ein und es wird immer dunkler und wir setzen in Lima auf. Es ist hier Winter, d. h.
ein leichter Nieselregen dringt aus einer Dunstglocke über der Stadt. Die nahen
Fischfabriken riecht man mehr als dass man sie sieht.
Da wir einen Tag zu spät ankommen,
klappt es auch mit unserem Weiterflug nach Cusco nicht und wir werden wieder in ein Hotel
gebracht. Unser Reiseführer warnt uns ausdrücklich wegen der hohen Kriminalität in die
Stadt zu gehen und so besuchen wir gemeinsam das Volkskundemuseum, eine gute Einführung
in die bevorstehende Reise.
Der Eingang zum Hotel wird von zwei bewaffneten Wächtern
gesichert und nur wer eine Hotelkarte vorweisen kann, wird eingelassen. Schaut man aus dem
Zimmerfenster, sieht man unfertige, jedoch bewohnte Gebäude, in denen die Leute
zusammengedrängt hausen.
Am nächsten Tag bringt uns das Flugzeug über die Hochebene und die Cordilleren hinweg in weniger als einer Stunde nach Cusco, auf 3.350 Höhenmeter. Wir sind geblendet von der Sonne und der klaren Luft und beziehen unser Hotel in der Nähe des Plaza de Armas, des Mittelpunkts der alten Inkastadt und für viele Leute der schönsten Stadt Perus. Ein kleiner Bummel vor dem Mittagessen eröffnet uns eine bunte Welt voller Sehenswürdigkeiten. Wir beginnen unsere Entdeckungsreise mit einer Fahrt zu dem nahegelegenen Sacsayhuaman, ehemaliges Heiligtum oder Verteidigungsanlage.
In der Abendsonne werfen die 10-12 Meter hohen im Zick-Zack angeordneten Zyklopenmauern lange
Schatten und lassen uns ganz unscheinbar werden. Bis heute weiß man nicht, wie diese
riesigen Steine, der größte ist 9 Meter hoch, 5 Meter breit und 4 Meter dick, aus dem
mehrere Kilometer entfernten Steinbruch herangeschafft wurden. Hatten doch die Inkas, trotz
ihrer hohen Kultur, das Rad nicht als Transportmittel entdeckt; dass sie runde
Gegenstände anfertigen konnten, beweisen die Mond- bzw. Sonnenscheiben in den Tempeln.
Eine interessante Theorie sagt, dass man durch das Rad und der damit verbundenen
Arbeitserleichterung zu viele Arbeitslose befürchtete.
Am Abend spüren wir die Höhe
und so sind wir beim
Abendessen nur ein kleiner Rest der Gruppe. Unssere peruanische Führerin empfiehlt
Koka-Tee zu trinken. In der Tasse befinden sich ganze Koka-Blätter, die mit heißem
Wasser aufgegossen werden. Jedenfalls geht es mir am nächsten Tag leidlich gut und ich
genieße den Rundgang durch die Stadt mit den alten Inkagebäuden und den Kolonialbauten,
die teilweise auf die Mauern der Inkatempel aufgesetzt wurden, da diese erdbebensicher
waren. Trotz der Warnungen vor Diebstählen, fühlen wir uns relativ sicher und bummeln
durch die Märkte und die am Abend beleuchteten Arkaden mit den Händlern in ihrer bunten
Tracht und kaufen Souvenirs.
Am nächsten Morgen müssen wir früh aufstehen und gehen
durch die noch schlafende Stadt zum Busbahnhof. Wegen eines Eisenbahnerstreiks fahren wir
mit dem Bus nach Machu Picchu, der weltberühmten Ruinenstadt hoch über dem heiligen
Urubamba-Tal. Wir steigen zunächst auf einen Aussichtspunkt hoch über der Stadt
zu einer alleinstehenden Hütte und sinnieren über den Zeck dieser geheimnisvollen
Ruinenstadt mitten im Urwald. Anschließend steigen wir hinab zu den zerfallenen
Gebäuden, Tempeln, Gefängnissen und Opferstätten und lassen die fremde Kultur auf uns
einwirken.
Einen Tag später sind wir wieder in Lima. Ein Besuch des Goldmuseums gibt Einblick in die Kultur des Landes und lässt erahnen, welche Goldschätze es in diesem Land gegeben hat. Am nächsten Morgen holt uns ein Bus am Hotel ab und wir fahren durch das reiche Lima, wo die Privathäuser mit hohen Mauern und Elektrozäunen abgesichert sind, hinaus in die Wüste. Am Stadtrand durchfahren wir die Slums, armselige Hütten, oft ohne Dach und hygienische Versorgung. Die Leute müssen ihr Wasser von Wasserstellen holen und gehen zum Betteln in die Stadt oder versuchen durch den Verkauf von Kleinwaren an Touristen ihren Unterhalt zu verdienen.
Wir erreichen die Panamericana und fahren entlang der Pazifikküste durch endlose Sandwüsten, unterbrochen durch fruchtbare Oasen, Hühnerfarmen oder Fischerdörfer. Nach Barranca beginnt der gewaltige Anstieg von Null auf 4.100 Meter zum Conococha-Pass. Hunderte von Serpentinen in einer grandiosen Berglandschaft. Der Fahrer fährt fast nur im ersten Gang, so steil ist die Straße.
Anschließend geht es wieder 1.000 Meter hinab nach Huaraz, der Perle der Weißen Kordillere, wo wir in der Abenddämmerung unser Hotel erreichen.
In den nächsten Tagen erkunden wir die Stadt mit ihrem Indio-Markt und den vielen Geschäften mit Bergsteigerausrüstung und machen Wanderungen in die Schwarze und Weiße Kordilliere, wobei wir ständig über 4.000 Meter sind und jeweils eine prächtige Aussicht auf die gegenüberliegenden Gipfel haben. Bei einer Zeltnacht in der Cordillera Negra taucht der Sonnenuntergang den Santa Cruz und den Huascaran in brennendes Rot und am Horizont können wir noch den Gipfel des Alpamayo, angeblich der schönste Berg der Erde, sehen.
Dann folgen zwei Trekkingtage im Llanganuco-Tal, das auf 3.800 Meter liegt. Die Zelte stehen an dem oberen Llanganuco-See, der zwischen dem Huascaran (6.768 Meter) und den prachtvollen Zacken des Huandoy (6.359 Meter) liegt. An dem türkisblauem See mit weißem Ufersand weiden Pferde und Alpakas und in der Nacht erleben wir den unwahrscheinlich klaren südlichen Sternenhimmel. Wanderungen in ein Hochtal zu einer Seenplatte und auf den Llanganuco-Pass (4.750 Meter) bieten einen einmaligen Ausblick auf die enormen, vereisten Wände des Huandoy und des Chacararaju, auf die Ostflanke des Huascaran und die weiße Pyramide des Coopicalqui. Aber auch die Vegetation bietet ihren Reiz mit vielen Kakteenarten, Lupinensträuchern und dem harten Ichu-Gras.
Zurück nach Huaraz, um am nächsten Tag quer durch die Cordillera Blanca über den 4.550 Meter hohen Cahuis-Pass zu den Ruinen der Chavin-Kultur, der ältesten Perus, nach Chavin de Huantar zu fahren. Als wir den Pass durch einen primitiv in den Fels gehauenen dunklen Tunnel überquert haben, liegt unter uns das Tal des Rio Mosna, dessen Hänge wie ein Fleckerlteppich in allen Grüntönen mit Feldern überzogen sind. Sie bilden einen grassen Gegensatz zu den schneebedeckten, schroffen Bergen der Cordillere. Dennoch führt der Weg furchterregend in steilen Serpentinen nach unten. Wir beziehen das beste Hotel am Platz, das seinen Namen nicht verdient hat und besichtigen die Ruinenstätten, vor allem den Pyramidenstumpf des Tempels, in dessen Inneren sich ein labyrinthartiges System unterirdischer Gänge befindet, in denen man furchterregende, bizarr gestaltete Chavin-Götter findet. In den Außenanlagen trifft man auf Reliefs von Schlangen, Raubkatzen und dem Kondor, die wirr ineinander verschlungen sind.
Mit eigenartigen Gefühlen gehen wir zurück in die Stadt, wo uns fröhliche Schulkinder wieder zurück in unsere Zeit bringen und in dem Innenhof eines Restaurants trinken wir peruanischen Kaffee, der als Konzentrat in einer Flasche zusammen mit einer Wasserflasche serviert wird. Die Nacht schlafen wir in unseren Schlafsäcken auf den Hotelbetten, da wir der Sauberkeit nicht trauen, waschen uns am nächsten Morgen an einem Wasserfass im Hof und treten die Rückfahrt nach Huaraz an. Vor Huaraz biegen wir noch in das Tal des Rio Pachacoto ein und fotografieren die Puya Raimondi, eine bis zu 12 Meter hohe Riesenlobelie, die nur einmal in ihrer 100jährigen Lebenszeit blüht.
Noch einmal zwei Trekkingtage. Nach der Anfahrt mit dem Bus
steigen wir über herrliche Blumenwiesen in das Ishinca-Tal auf. Nachdem wir den Wald der
seltsamen Quefloa-Bäume mit ihren zimtbraunen Ästen und der sich schälenden Rinde, auf
denen herrlich rotblühende Schmarotzerpflanzen wachsen, durchquert haben, stehen wir vor
einem gewaltigen Amphitheater, wo die Eisgipfel des Trocllaraju (6.037 Meter), der
Ocshapalca (5.881 Meter) und der Nevado Urus (5.494 Meter) die Kulisse bilden. Aus
Sicherheitsgründen schlagen wir unser Lager unterhalb des Gletschers, gegenüber einem
hohen Wasserfall auf und erkunden das Gelände. Ein grandioser Sonnenuntergang und eine
kalte Nacht in über 4.000 Meter beenden die Tage in den Bergen.
Nach der Rückkehr in das Hotel heißt es Seesack packen und
am nächsten Tag bringt uns der Bus nochmals hinauf in die Schwarze Kordillere auf einen
4.200 Meter hohen Pass, um dann auf einer Gebirgsstraße mit unbefestigten
Straßenrändern, gebrechlichen Brücken und an gähnenden Abgründen vorbei auf
Meereshöhe hinabzufahren. Bei den Ruinen von Sechin, mit ihren seltsamen Relieffiguren,
essen wir unser Lunchpaket, fahren auf die Pan Americana und befinden uns wieder in der
Wüste. Unsere Fahrt endet in Trujillo, wo wir in einem Hotel am Plaza de Armas absteigen
und in der Abendstimmung die Kathedrale und die mächtigen mit kunstvollen
schmiedeeisernen Fenstergittern geschmückten Kolonialgebäude bewundern.
Wir setzen uns an das Freiheitsdenkmal und lassen die Stimmung dieser lebhaften Stadt auf uns wirken. Am nächsten Tag besteigen wir die Mondpyramide und besichtigen den Drachen- Tempel.
Dann staunen wir vor den gewaltigen Ausmaßen der aus Adobes (Lehmziegeln) gebauten Stadt Chan Chan. Die Hauptstadt der Chimu-Kultur (13.-15. Jahrhundert) beherbergt in ihrem Kern zehn Paläste, die von riesigen Mauern umgeben sind. Selbst die Ruinen lassen die Größe dieser Stadt erkennen, die zu ihrer Zeit wohl die größte Stadt der Welt war.
Zurück in Trujillo gehen wir in einem Fischlokal an der
Pazifikküste essen und beobachten verwegene Einheimische, die mit ihren Binsenbooten, den
Cabalitos de Totora, gegen die hohen Wellen ankämpfen und versuchen Touristen zu einem
Ritt auf diesem wackligen Gefährt zu überreden.
Am Spätnachmittag sind wir im Flugzeug und können noch
einmal auf die weißen Berge am Horizont und auf die Wüste unter uns schauen, bevor wie
wieder in die Dunstglocke von Lima eintauchen. Eine letzte Übernachtung und dann
Rückflug nach Europa.
Anstatt in Frankfurt landet die Maschine in Madrid und wir müssen
uns um unsere Anschlussflüge kümmern. Mit viel Palaver bekommen wir noch Flüge nach
Frankfurt, München und Salzburg und so kommt doch noch jeder an seinen Heimatort.